Schließen wir das Schwimmbad oder das Museum, den Jugendclub oder die Bibliothek? Vor dieser Frage könnten einige Kommunen in Deutschland wegen der Energiekrise bald stehen. 29 Oberbürgermeister*innen unserer Kinderfreundlichen Kommunen fordern deshalb: Gerade in Krisenzeiten müssen wichtige Einrichtungen für Kinder erhalten bleiben.
Viele Menschen blicken angesichts der drastisch steigenden Preise mit Sorge auf die kommenden Monate. Menschen, die bereits vor der Krise unter oder knapp über der Armutsgrenze lebten und keine Rücklagen bilden konnten, trifft es besonders hart. Dazu gehören auch viele Kinder, Jugendliche und ihre Familien.
Gleichzeitig steigt mit den Energiepreisen der Druck auf die kommunalen Haushalte. Um die kritische soziale Infrastruktur, wie Schulen, Kitas, Pflegeheime und Krankenhäuser, aufrechtzuerhalten, fallen die doppelten bis dreifachen Energiekosten an. 29 Oberbürgermeister*innen unserer Kinderfreundlichen Kommunen warnen deshalb davor, dass wichtige Einrichtungen wie Schwimmbäder, Beratungsstellen, Jugenclubs oder Bibliotheken bald geschlossen werden könnten müssen.
Diese sind für Heranwachsende jedoch sehr wichtig. Für viele armutsbetroffene Kinder und Jugendliche sind sie der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und einem gleichberechtigten Aufwachsen. Als wichtige Anlaufstellen für Familien werden soziale Einrichtungen gerade in Krisenzeiten dringend gebraucht. Die Kinderfreundlichen Kommunen sehen es daher als höchst problematisch, aufgrund kommunalrechtlicher und haushaltspolitischer Vorgaben an diesen wichtigen Angeboten kürzen zu müssen. Kinder und Jugendliche dürfen gerade jetzt nicht vergessen werden.
Die UN-Kinderrechtskonvention umsetzen
Seit 2010 wirkt die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) als unmittelbar geltendes Bundesrecht und gilt somit für alle politischen Ebenen. Artikel 4 der UN-KRK verpflichtet die Vertragsstaaten und somit auch Deutschland, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der Kinderrechte zu treffen.
Die Stadtoberhäupter der Kinderfreundlichen Kommunen wollen zeigen, wie es möglich ist, dass Kinder, Jugendliche und ihre Familien so gut wie möglich durch diese Krise kommen. Dafür wollen sie folgende Maßnahmen umsetzen:
- Wie bei allen anderen Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche betreffen, berücksichtigen sie auch bei der Entwicklung von Maßnahmen gegen die aktuelle Inflation und Energiekrise den Vorrang des Kindeswohls.
- Sie beteiligen Kinder und Jugendliche regelmäßig und werden dies auch bei Maßnahmen in der aktuellen Krise tun.
- Sie berücksichtigen den Vorrang des Kindeswohls bei der Haushaltsaufstellung anhand der Handlungsempfehlungen für die Berücksichtigung des Kindeswohlprinzips im kommunalen Haushaltsaufstellungsverfahren. So können sie sicherstellen, dass in schwierigen Haushaltslagen die Kinderrechte nicht vergessen werden.
Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen
Damit diese Maßnahmen umgesetzt werden können, fordern die Kommunen:
- Bund und Länder müssen die Pflicht aller politischen Ebenen zur Umsetzung der Kinderrechte durch eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz klarstellen. Dadurch würde verdeutlicht, dass diese Pflichtaufgabe auch in Krisen nicht an Priorität verlieren darf.
- Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, die Umsetzung der Kinderrechte und die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls auch in der Energiepreiskrise gewährleisten zu können. Dazu sind Unterstützungsprogramme von Bund und Ländern notwendig.
- Die „freiwilligen Leistungen“ der Kommunen auf Basis des SGB VIII sind wichtig für die Stärkung von Kindern. Durch landesgesetzliche Vorgaben muss klargestellt werden, dass hier eine Leistungsverpflichtung der Länder und Kommunen besteht. Für Kommunen, die der damit verbundenen finanziellen Verantwortung aufgrund ihrer Haushaltslage nicht selbstständig nachkommen können, braucht es entsprechende Hilfen.
- Der Bund muss die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung auf Grundlage eines neu berechneten Existenzminimums schnell voranbringen.
Kinderfreundliche Kommunen
Fast 50 Städte und Gemeinden sind bereits Teil des Programms „Kinderfreundliche Kommunen“, das von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk getragen wird. Dieses wurde 2012 in Deutschland ins Leben gerufen und basiert auf den internationalen Erfahrungen aus der Child Friendly Cities Initiative (CFCI). Diese setzt sich seit 1996 international dafür ein, die Kinderrechte auf kommunaler Ebene zu verwirklichen. Mehr zum Programm erfahren Sie hier.
Quelle: dkhw.de
Bild: Hari Av/unsplash.com